Endlich erreichte ich das Ende der mir bekannten, erlaubten Welt. Heimlich zunächst stahl ich mich über die Grenzen, sah Gefahren und Wunder, wurde in fremden Landen heimisch.
Der Weg des Magiers bringt es mit sich, dass man Pfade beschreitet, die ab der gewöhnlichen Straße des Herkommens liegen. Wunderliches, aber auch Nützliches lässt sich dort finden. Mit der Zeit vergißt man, dass die freundlichen Gesichter, die einen täglich umgeben, sich noch auf jener Straße befinden. Man erzählt dann erregt, vielleicht beim Mittagessen mit geschätzten Kollegen oder beim Treffen alter Freunde, von einer Facette der reichen Welt, die man auf seltener begangenen Pfaden erblickt hat.
Doch statt der Neugier und des Staunens, das einen selbst beim Betreten dieser Pfade überkam, warten Unverständnis, Spott, Ablehnung und moralische Verurteilung, wagt man es, von diesen Abenteuern zu berichten. Ein Beispiel: In einem Gespräch mit Freunden erzählte ich von meiner Lektüre Jack Donovans Fire in the Dark, versuchte das Gespräch auf die Erforschung spiritueller Ansätze abseits des Christentums zu lenken. Doch der Inhalt drang nicht durch. Es wurde kurz still, dann hatten sie sich bei einer Autorität kundig gemacht, hatten bei Wikipedia nachgesehen und herausgefunden, dass dieser Autor abseits der Straße verkehre, dass er gar der Häresie verdächtigt werde. Das Urteil der anonymen Autorität genügte, um das Herz meiner Freunde zu verhärten und nichts was ich über dieses Buch berichtete, konnte noch zu ihnen durchdringen.
Man kann es ihnen kaum verdenken: Auch ich war einst überzeugt, dass die Straße der einzige Weg ist. Auch jetzt wandle in mancherlei Sicht noch auf der Straße, habe längst nicht alle Pfade beschritten, habe vielleicht die interessantesten noch lange nicht entdeckt, und gewiss haben mich schon Wanderer abseitigerer Pfade als hoffnungslos den einfachen Pfaden verhaftet erlebt.
Den ersten Schritt habe aber ich getan, meine ich: Ich habe wieder und wieder die Straße verlassen und in Gedanken und Taten das Herkömmliche überwunden. Wie mir das gelang, kann ich schwer fassen. Es wäre auch nutzlos: Wer nur die Straße sieht, wird keinen Sinn im Suchen verborgener Pfade sehen. Irgendein Trieb in mir machte dem stumpfen Geradeaus-Laufen ein Ende, in das ich im Zuge meiner Integration in Familie, Schule, Freundeskreis und Universität geraten war.
Die Herausforderung ist nun, diesen Prozess fortzusetzen und zu vertiefen. Wie kann ich meine Scheuklappen ablegen, wie kann ich den Impuls, das Fremdartige abzulehnen bevor ich es auf seinen Wert hin untersucht habe, überwinden? Kann ich von Menschen lernen, die ich verachte? Ich denke ja, denn es ist ja nicht der ganze Mensch verachtenswert. Zum Beispiel verachte ich die Weichheit und Würdelosigkeit der meisten Wissenschaftler. Trotz dieser Charakterschwächen haben einige dieser Freaks ein ungeheures Fachwissen, das es zu nutzen gilt.
Noch wichtiger aber: die Augen offen zu halten nach jenen unscheinbaren Stellen, an denen sich neue Pfade auftun. Abweichung von der Gewohnheit kann Verlust bringen, aber dies darf mich nicht abhalten: Es geht darum zu gewinnen, nicht um das Abwenden von Niederlagen, die schon noch kurzem vergessen sind!